Marktpotenzial

Nr. 25-7 aktualisiert 2025-11-21 Lesedauer: min

Quantenforschung und Industrie erwachen im DACH-Raum

Quantencomputing ist längst kein exklusives Forschungsthema mehr. Im DACH-Raum entsteht ein dynamisches Ökosystem aus Start-ups, Universitäten, Tech-Konzernen und öffentlichen Programmen, das gemeinsam an Hardware, Software und Anwendungen arbeitet. Dieser Artikel zeigt, wie sich der Markt entwickelt, wer die wichtigsten Akteure sind und warum die Region trotz globaler Konkurrenz eine Schlüsselrolle spielt.

Die wirtschaftliche Dynamik rund um Quantencomputing wächst – aber langsamer, als mancher Hype vermuten lässt. Während in den USA Milliardeninvestitionen fliessen und China eigene, staatlich getriebene Programme hochskaliert, setzt der DACH-Raum stärker auf kooperative Forschungsprojekte und spezialisierte Start-ups. Diese Struktur hat Vorteile: Sie fördert langfristiges Know-how, robuste Standards und eine enge Vernetzung von Wissenschaft und Industrie.

Gleichzeitig zeigt sich, dass viele Unternehmen im deutschsprachigen Raum noch unsicher sind, wann und wie sie in Quantenprojekte einsteigen sollen. Die Konsequenz: Pilotinitiativen werden gezielt dort gestartet, wo es bereits interne Erfahrung in High-Performance-Computing, Simulation oder Optimierung gibt – also in Branchen wie Pharma, Automotive, Energie oder Finanzdienstleistungen.

IBM

Ein Markt zwischen Aufbruch und Realismus

Forschungseinrichtungen spielen eine zentrale Rolle im regionalen Ökosystem. ETH Zürich, EPFL, TU München, LMU, Fraunhofer-Institute, das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR), PSI Villigen oder die Universität Basel gehören zu den international sichtbaren Playern. Sie entwickeln neue Qubit-Technologien, experimentieren mit Software-Stacks, treiben Materialforschung voran und arbeiten eng mit der Industrie zusammen. Besonders wichtig ist die Ausbildung: Der DACH-Raum hat sich zu einem globalen Hotspot für Quantenphysiker, Ingenieure und Softwareentwickler entwickelt. Viele der heutigen Start-ups entstanden aus universitären Spin-offs – ein Zeichen dafür, wie fruchtbar der Wissensfluss zwischen Forschung und Wirtschaft ist.

Statt grosser „All-in-One“-Hersteller entstehen im deutschsprachigen Raum hochspezialisierte Firmen. Einige konzentrieren sich auf Ionenfallen, andere auf photonische Systeme oder cryotaugliche Elektronik. Wieder andere bauen Simulationssoftware, Compiler oder Entwicklungsframeworks. Der Vorteil dieser Spezialisierung liegt in der Tiefe: Viele Start-ups zählen zu global führenden Experten in Nischen wie Lasersteuerung, Kryotechnik oder Gitter-basierter Software. Allerdings kämpfen sie auch mit den klassischen Herausforderungen junger Deep-Tech-Unternehmen: lange Entwicklungszyklen, hoher Kapitalbedarf und Abhängigkeit von staatlichen Förderprogrammen.

Technologiekonzerne als Brückenbauer zur Industrie

Grossunternehmen nutzen Quantenprojekte zunehmend, um eigene Innovationsprogramme voranzutreiben. Siemens, Bosch, BMW, BASF, Roche oder Swisscom arbeiten in Verbundprojekten mit Universitäten und Start-ups zusammen. Ihr Ziel ist weniger der unmittelbare Nutzen als vielmehr der Aufbau von Kompetenzen und die Identifikation quantentauglicher Prozesse.

Diese Firmen agieren als Brückenbauer: Sie übersetzen abstrakte Forschungsergebnisse in konkrete industrielle Problemstellungen, schaffen Standards für den Einsatz und treiben den Aufbau eines Marktes voran. In vielen Fällen sind diese Kooperationen der wichtigste Grund, warum neue Technologien ihren Weg in die Praxis finden.

Deutschland, Österreich und die Schweiz haben inzwischen umfangreiche Quantentechnologie-Programme gestartet. Diese wirken als finanzielles Rückgrat für Forschung, Pilotanwendungen und Infrastruktur. Sie unterstützen Reallabore, fördern Start-ups und stärken die Vernetzung zwischen Wissenschaft und Industrie. Gleichzeitig entsteht ein europäischer Wettbewerb: Förderprogramme der EU, wie „Quantum Flagship“, verbinden den DACH-Raum mit internationalen Partnern und sichern langfristige Investitionen. Für die Region bedeutet das: Sie bleibt ein integraler Teil der globalen Quantum-Landschaft – trotz des intensiven Tempos, das die USA und China vorlegen.

Der DACH-Raum wächst leise, aber nachhaltig

Das Quantene­kosystem im DACH-Raum entwickelt sich weniger spektakulär als in manchen Weltregionen, dafür aber mit bemerkenswerter wissenschaftlicher Tiefe und industrieller Relevanz. Seine Stärke liegt in der Verbindung von Spitzenforschung, spezialisierten Start-ups und pragmatischer industrieller Zusammenarbeit.