Grundlagen

Nr. 25-7 aktualisiert 2025-11-21 Lesedauer: min

Die Physik hinter der Macht: Wie Quanten-Hardware entsteht

Quantencomputer unterscheiden sich fundamental von klassischen Rechnern – und das beginnt bei der Hardware. Drei technologische Ansätze dominieren den Wettlauf um zuverlässige Qubits: supraleitende Schaltkreise, Ionenfallen und photonische Systeme. Jeder Ansatz bringt eigene Vorteile, Herausforderungen und industrielle Roadmaps mit. Dieser Artikel zeigt, wo die Technologien heute stehen und welche Weichen über den künftigen Erfolg entscheiden.

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Supraleitende Qubits: Der industrielle Favorit

Supraleitende Qubits gelten derzeit als der am weitesten entwickelte Ansatz. Unternehmen wie IBM, Google oder Rigetti nutzen ultrakalte Schaltkreise, in denen elektrische Signale quantenmechanisch wirken. Die Vorteile liegen in der vergleichsweise guten Herstellbarkeit: Viele Komponenten lassen sich mit bestehenden Halbleiterverfahren fertigen.

Die grösste Hürde bleibt jedoch das Rauschen. Supraleitende Systeme verlieren schnell ihre Kohärenz – ein Qubit hält seinen Zustand oft nur Mikrosekunden. Deshalb braucht es extreme Kühlung, komplexe Steuerhardware und laufende Kalibrierung. Dennoch zeigt die Roadmap grosser Anbieter, dass dieser Ansatz mittelfristig skalieren könnte.

Ionenfallen: Präzision durch Perfektion

Bei Ionenfallen werden einzelne Atome in elektromagnetischen Feldern gefangen und mit Laserimpulsen gesteuert. Diese Qubits sind extrem stabil und weisen sehr niedrige Fehlerraten auf. Firmen wie IonQ oder Alpine Quantum Technologies setzen stark auf diesen Ansatz. Die Herausforderung liegt im Skalieren: Je mehr Ionen zusammen agieren, desto komplexer wird die Steuerung. Zudem sind Laseranlagen teuer und technisch anspruchsvoll. Trotzdem gilt der Ansatz als wissenschaftlich besonders elegant – und bietet eine hohe Qualität pro Qubit.

Photonische Qubits: Licht als Rechenträger

Photonenbasierte Systeme nutzen Lichtteilchen, um Informationen zu kodieren. Unternehmen wie Xanadu oder PsiQuantum verfolgen diesen Weg, der ohne Kühlung auskommt und prinzipiell mit bestehenden optischen Technologien skalierbar wäre. Doch auch hier gibt es Stolpersteine: Photonenerzeugung, -messung und -interferenz müssen extrem präzise sein. Zudem ist die Fehlerkorrektur im photonischen Bereich ein offenes Feld. Die Methode gewinnt vor allem dort an Aufmerksamkeit, wo energieeffiziente, hochskalierbare Architekturen gefragt sind.

Welche Technologie setzt sich durch?

Noch ist kein Gewinner absehbar. Supraleitende Qubits liefern schnelle Fortschritte, Ionenfallen höchste Präzision, photonische Systeme ein attraktives Skalierungspotenzial. Wahrscheinlich wird der Markt auf eine Koexistenz mehrerer Plattformen hinauslaufen – ähnlich wie bei klassischen Prozessorarchitekturen.

Fazit: Hardware entscheidet über das Tempo. Wer den Quantenfortschritt verstehen will, muss die zugrundeliegende Hardware kennen. Erst wenn Qubits stabil, skalierbar und fehlerresistent werden, eröffnen sich Anwendungen, die weit über die Fähigkeiten klassischer IT hinausgehen. Die kommenden Jahre werden zeigen, welcher Ansatz diese Vision am schnellsten in die Realität führt.

Christian Bühlmann

Chefredaktor Computerworld

Christian Bühlmann ist Chefredaktor der Computerworld und engagiert sich in der IT-Branche seit mehr als 30 Jahren als Fachautor, Berater und Projektleiter mit den Herausforderungen von Unternehmen in der digitalen Welt.