Nachhaltigkeit

Nr. 25-2 aktualisiert 2025-02-21 Lesedauer: min

Auf dem Weg zum nachhaltigen Rechenzentrum

Klar ist, ohne Rechenzentren geht es heute nicht mehr. Ebenso klar ist aber auch, sie verbrauchen enorme Mengen an Energie. Die steigende Nachfrage nach Rechenleistung führt dazu, dass Nachhaltigkeit und Energieeffizienz in diesem Bereich immer wichtiger werden. Unternehmen und Betreiber von Rechenzentren stehen vor der Herausforderung, den Energieverbrauch zu optimieren, Emissionen zu reduzieren und den ökologischen Fussabdruck zu minimieren, ohne dabei Leistung und Verfügbarkeit zu beeinträchtigen. Immer mehr stellt sich die Frage: Wie kann die Energieeffizienz und Nachhaltigkeit von Rechenzentren verbessert werden?

Petr Magera auf Unsplash

Energieverbrauch von Rechenzentren

Server, Netzwerkinfrastruktur und Kühlsysteme verbrauchen kontinuierlich Strom, und der weltweite Stromverbrauch von Rechenzentren wird auf mehrere Hundert Terawattstunden pro Jahr geschätzt. Ein grosser Anteil dieses Verbrauchs entfällt auf die Kühlung, die notwendig ist, um eine Überhitzung der Hardware zu vermeiden. Um den Energieverbrauch zu senken, setzen Betreiber auf verschiedene Massnahmen wie energieeffiziente Hardware, intelligente Kühlungssysteme und innovative Architekturen zur besseren Nutzung der eingesetzten Energie. Eine zentrale Kennzahl zur Bewertung der Energieeffizienz ist der Power Usage Effectiveness (PUE)-Wert, der das Verhältnis zwischen der Gesamtenergieaufnahme eines Rechenzentrums und der tatsächlich für IT-Lasten genutzten Energie misst. Ein idealer PUE-Wert liegt nahe bei 1,0, was bedeutet, dass nahezu die gesamte Energie für die IT-Infrastruktur genutzt wird.

Nachhaltige Energiequellen

Ein wichtiger Schritt hin zu mehr Nachhaltigkeit ist die Nutzung erneuerbarer Energien. Immer mehr Rechenzentren setzen auf Solarenergie, Windkraft oder Wasserkraft, um ihre Stromversorgung klimafreundlicher zu gestalten. Betreiber investieren in eigene Solaranlagen oder kaufen grüne Energiezertifikate, um ihre CO₂-Bilanz zu verbessern. Einige Unternehmen errichten Rechenzentren in Regionen mit günstigen klimatischen Bedingungen, um natürliche Kühlung durch Aussenluft zu nutzen und so den Stromverbrauch weiter zu senken.

Darüber hinaus gibt es Bestrebungen, Abwärme aus Rechenzentren sinnvoll zu nutzen. In einigen Städten wird die Abwärme in Fernwärmenetze eingespeist und dient zur Beheizung von Wohn- und Geschäftsgebäuden. Dieses Konzept, bekannt als Waste Heat Recovery, bietet eine doppelte Effizienzsteigerung: Die Energie, die sonst ungenutzt entweicht, wird produktiv genutzt, wodurch der Gesamtenergiebedarf reduziert wird.

Effiziente Kühltechnologien

Die Kühlung ist einer der grössten Energieverbraucher in Rechenzentren. Moderne Rechenzentren setzen auf energieeffiziente Kühllösungen, um den Stromverbrauch zu reduzieren. Eine besonders effektive Methode ist die Freikühlung, bei der kalte Aussenluft genutzt wird, um die Temperatur in den Serverräumen zu regulieren. Diese Methode eignet sich besonders für Standorte in kühlen Klimazonen und kann den Energieverbrauch erheblich senken.

Weitere fortschrittliche Kühlmethoden sind die Flüssigkühlung und die Immersionskühlung. Bei der Flüssigkühlung werden Wärmetauscher direkt an den Servern angebracht, um die entstehende Wärme gezielt abzuführen. Immersionskühlung geht noch einen Schritt weiter: Hier werden ganze Server in spezielle, nichtleitende Flüssigkeiten getaucht, die die Wärme effizient ableiten. Diese Methode ist besonders effektiv, da sie ohne bewegliche Teile wie Lüfter auskommt und eine äusserst hohe Kühlleistung bietet.

Energieeffiziente Hardware und Software

Neben der Optimierung der Infrastruktur spielt auch die Wahl der richtigen Hardware eine entscheidende Rolle für die Energieeffizienz. Moderne Serverprozessoren sind darauf ausgelegt, mit geringerem Energieaufwand höhere Rechenleistungen zu erzielen. Neue Chipsätze bieten stromsparende Betriebsmodi, die sich automatisch an die Auslastung anpassen und den Energieverbrauch in Ruhephasen minimieren.

Auch die Virtualisierung trägt erheblich zur Energieeinsparung bei. Durch die Konsolidierung von Workloads auf weniger physischen Servern lässt sich der Gesamtenergieverbrauch deutlich senken. Software-defined Data Centers (SDDC) ermöglichen eine intelligente Ressourcenzuteilung, sodass Rechenkapazitäten bedarfsgerecht skaliert werden können.

Darüber hinaus hilft künstliche Intelligenz (KI), den Energieverbrauch zu optimieren. KI-gestützte Systeme analysieren den Stromverbrauch in Echtzeit und steuern automatisch Kühlanlagen und Serverlasten, um Effizienzgewinne zu erzielen. Google hat beispielsweise eine KI-basierte Lösung entwickelt, die den Energieverbrauch seiner Rechenzentren durch vorausschauende Analysen erheblich reduziert.

Nachhaltige Standortwahl

Der Standort eines Rechenzentrums hat erheblichen Einfluss auf dessen Energieverbrauch und Nachhaltigkeit. In Regionen mit kühlem Klima kann der Bedarf an aktiver Kühlung minimiert werden, während Standorte mit guter Anbindung an erneuerbare Energiequellen eine umweltfreundlichere Stromversorgung ermöglichen. Skandinavische Länder sind aufgrund ihrer Wasserkraftwerke und niedrigen Aussentemperaturen besonders beliebt für nachhaltige Rechenzentren.

Darüber hinaus gibt es innovative Konzepte, bei denen Rechenzentren unter Wasser oder in ehemaligen Bergwerken betrieben werden. Diese Standorte bieten natürliche Kühlungseffekte, wodurch der Energiebedarf für Klimatisierung drastisch reduziert werden kann. Microsoft testet beispielsweise Unterwasser-Rechenzentren, die durch das kühle Meereswasser effizient gekühlt werden.

Zukunftsperspektiven

Die Nachhaltigkeit von Rechenzentren wird auch in Zukunft ein zentrales Thema bleiben. Neue Technologien wie Quantencomputing könnten langfristig dazu beitragen, den Energieverbrauch drastisch zu senken, indem sie effizientere Berechnungen ermöglichen. Gleichzeitig wird sich der Trend zur Dezentralisierung fortsetzen: Edge-Computing-Ansätze verlagern Rechenleistung näher an den Endnutzer, wodurch die Notwendigkeit grosser zentraler Rechenzentren verringert und der Energiebedarf optimiert werden kann.

Regulierungen und politische Vorgaben spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. In vielen Ländern gibt es inzwischen strenge Anforderungen an die Energieeffizienz von Rechenzentren, die Unternehmen dazu zwingen, nachhaltigere Lösungen zu implementieren. Förderprogramme und Steuervergünstigungen für umweltfreundliche IT-Infrastrukturen treiben diesen Wandel weiter voran.

Fazit: Es bleibt noch viel zu tun

Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sind entscheidende Faktoren für die Zukunft von Rechenzentren. Durch den Einsatz erneuerbarer Energien, innovative Kühltechnologien, energieeffiziente Hardware und intelligente Softwarelösungen können Betreiber den Stromverbrauch erheblich reduzieren. Die Wahl des richtigen Standorts und die Nutzung moderner Technologien wie KI und Virtualisierung tragen zusätzlich zur Optimierung bei. Angesichts des wachsenden Energiebedarfs der IT-Branche ist es essenziell, dass Rechenzentren nachhaltiger und ressourcenschonender gestaltet werden, um eine umweltfreundliche digitale Zukunft zu ermöglichen.

Christian Bühlmann

Chefredaktor Computerworld

Christian Bühlmann ist Chefredaktor der Computerworld und engagiert sich in der IT-Branche seit mehr als 30 Jahren als Fachautor, Berater und Projektleiter mit den Herausforderungen von Unternehmen in der digitalen Welt.