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Prognosen

Nr. 24-1 aktualisiert 2024-04-17 Lesedauer: min

KI 2024 (Teil 2): Cisco, Intrafind, Cloudflare, Grammarly, For Real?!

Bild: Shutterstock / coreDESIGN

Cisco: Die 5 wichtigsten KI-Trends

KI-Technologien entwickeln sich offensichtlich in einem noch nie dagewesenen Tempo. Das schlägt sich auch im Cisco AI Readiness Index nieder. Cisco identifiziert fünf Technologiefelder, in denen KI 2024 wichtige Fortentwicklungen erfahren wird:

  1. APIs vereinfachen die Nutzung von KI
  2. KI-gestützte Angriffe erfordern die Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
  3. Generative KI hält vollständig Einzug in die Geschäftswelt – auch im B2B-Bereich
  4. Verbesserte Energieeffizienz beim KI-Einsatz ist wichtiger denn je
  5. Ethik und Frameworks spielen für KI eine zunehmend wichtiger Rolle

Ganz oben auf die Liste der wichtigsten KI-Trends steht die verstärkte Verwendung von Schnittstellen. Solche «API-Abstraktionen» sollen eine kostengünstigere Einbindung von KI in Geschäftsprozesse, die einfache Automatisierung wiederkehrender Aufgaben und die kundenindividuelle Umsetzung von KI ermöglichen, und das, ohne dass Entwickler tief in die technischen Details der KI-Einführung eingreifen oder eigene Large Language Models (LLM) entwickeln müssten. Unternehmen würden Schnittstellen verschiedener Anbieter kombinieren und so zunehmend KI-Lösungen für ihre individuellen Anforderungen erzeugen. Cisco erwartet für 2024 zudem, dass aus der Kombination verschiedener Schnittstellen und der verstärkten Zusammenarbeit mit externen Experten, Start-ups und Forschungseinrichtungen häufiger «kurartierte KI-Ökosysteme» entstehen.

Des weiteren sagt Cisco voraus, dass Unternehmen 2024 KI implementieren müssten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das werde bei neuen Produkten vor allem mit natürlichen, sprachlichen Schnittstellen (NLIs) geschehen, die von GenAI unterstützt werden. Die Hälfte der neuen Produkte, so Cisco, werde solche Interfaces standardmäßig integriert haben.

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Auch die Interaktionen im B2B-Geschäft werden Cisco zufolge 2024 durch GenAI verbessert, vor allem bei Unternehmensaufgaben, die Daten analysieren und visualisieren, beispielsweise im Projektmanagement, in der Bewertung von Softwarequalität oder der Analyse von Compliance-Feldern sowie bei HR-Aufgaben.

Und schließlich prognostiziert Cisco für den B2B-Sektor, dass spezialisierte KI-Modelle mit höherer Genauigkeit, Relevanz, Präzision und Effizienz in den Fokus rücken, und dass die Multimodalität, bei der verschiedene Datentypen wie Bilder, Text, Sprache und numerische Daten kombiniert werden, bei B2B-Anwendungsfällen in Bereichen wie Geschäftsplanung, Medizin und Finanzdienstleistungen für kontinuierlich bessere Ergebnisse sorgen. Die kleineren, auf spezifische Anwendungsfälle zugeschnittenen KI-Modelle haben Cisco zufolge zudem den Vorteil, dass sie schon 2024 im Vergleich zu generischen Systemen die Energiekosten beim Einsatz von KI reduzieren.

Last but not least spricht Cisco die Erwartung aus, dass die Verantwortlichen für den KI-Einsatz sich 2024 zu mehr Transparenz und Vertrauensarbeit in Bezug auf die Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen verpflichten sehen werden. Schon deshalb, weil sonst der ordnungspolitsche Rahmen im kommenden Jahr (noch) enger gefasst werden würde. Aber auch, weil nur so die Fortentwicklung der KI-Modelle möglich werde: «Mit der wachsenden Bedeutung von KI-Systemen werden öffentlich verfügbare Daten für das Training der KI-Modelle bald nicht mehr ausreichen. Hochwertige Sprachdaten werden voraussichtlich vor 2026 erschöpft sein, sodass bald ein Umstieg auf private oder synthetische Daten notwendig wird. Das birgt allerdings das Risiko von unerlaubtem Zugriff und Datenschutz-Verletzungen», gibt Cisco zu bedenken. Gerade Technologieunternehmen müssten sich 2024 deshalb darauf einstellen, ein neues Mass an Offenheit zu zeigen – beispielsweise darüber, welche Governance-Prozesse die interne Entwicklung, Anwendung und Nutzung von KI steuern.

Intrafind: Die 5 wichtigsten KI-Trends

Auch für IntraFind, einem Spezialisten für Enterprise Search, wird 2024 erneut im Zeichen der generativen KI stehen, allerdings mit einer Verschiebung der Ausrichtung: «Nachdem Unternehmen sich intensiv informiert und teilweise bereits experimentiert haben, werden sie 2024 verstärkt daran gehen, konkrete Lösungen zu implementieren,» so IntraFind-Vorstand Franz Kögl.

Der Intrafind-Chef sieht fünf Entwicklungen als massgeblich für 2024 an. Er prognostiziert:

  1. Unternehmen werden einen sicheren Nutzungsrahmen schaffen
  2. Open-Source-Modelle kommen verstärkt zum Einsatz
  3. Retrieval Augmented Generation (RAG) optimiert generative KI
  4. Vektordatenbanken werden für generative KI immer wichtiger
  5. Unternehmen verbessern ihre Datenqualität

Erklärungsbedürftig sind besonders Trend Nr. 3 und 4. Retrieval-Systeme sollen die Antworten von KI-Anwendungen aktueller und genauer machen, weil zusätzlich zum vorhandenen Wissen der Sprachmodelle weitere Quellen wie organisationseigene Dokumente oder Wissensdatenbanken abgefragt werden. Trend Nr. 4 leitet Intrafind aus den Erfahrungen mit Enterprise Search ab. Dort würden sich spezielle Sprachmodelle als hilfreich erweisen, so genannte Representation-Learning-Modelle, die in der Lage seien, beim Indizieren von Dokumenten Ähnlichkeiten von Begriffen zu ermitteln und diese Beziehungen in Form von Wortvektoren abzuspeichern. Diese Technik werde 2024 auch den Output der generativen KI verbessern, so Intrafind.

IntraFind-Vorstand Franz Kögl resümiert: «Mit generativer KI und den Large-Language-Modellen können Unternehmen ihre Produktivität definitiv steigern. Es gilt nun, aus der KI-Euphorie echten Nutzen zu generieren. Dafür benötigen Organisationen aber einen Plan und Beratung von Experten, um für sich sinnvolle Use Cases zu finden und zu definieren», erklärt. Kögl fordert: Die Unternehmen müssen sich fragen, «was ihr Ziel ist, welche Prozesse sie beschleunigen möchten und welche Rahmenbedingungen für einen sicheren Einsatz erforderlich sind.»

Franz Kögl, Vorstand, Intrafind Software AG
«Es gilt nun, aus der KI-Euphorie echten Nutzen zu generieren. Dafür benötigen Organisationen aber einen Plan und Beratung von Experten, um für sich sinnvolle Use Cases zu finden.»

Cloudflare: Prognosen für 2024

Rebecca Weekly, VP of Infrastructure Engineering bei Cloudflare, einem führenden Anbieter für Connectivity Cloud, stellt in ihrer Jahresprognose drei Trends heraus:

  1. Die Herausforderungen im Bereich Supply Chain werden im Zeitalter der KI noch viel grösser
  2. Nach dem Höhepunkt des KI-Hypes rückt Nachhaltigkeit wieder in den Mittelpunkt
  3. Es wird keine KI ohne Speicherung geben

Besonders deutliche Worte findet Rebecca Weekly zum Thema Supply Chain. Sie schreibt: «Mit dem zunehmenden Einsatz von KI werden die Probleme in der Supply Chain unüberwindbar werden – im Vergleich dazu wird die globale Supply-Chain-Krise im Jahr 2021 harmlos erscheinen.» Weekly folgert: «Unternehmen werden keine andere Wahl haben, als Software-Optimierungen vorzunehmen, die darauf abzielen, aufgabenorientierte Modelle aus Basismodellen zu trainieren. Nur so können sie den erforderlichen Rechenaufwand reduzieren und Lösungen mit geringerem Rechenaufwand realisierbar machen.»

Weekly macht zudem auf den Zusammenhang zwischen KI und Storage aufmerksam: «Wir müssen Informationen verschieben und speichern können, um Erkenntnisse zu gewinnen. Umso mehr deswegen, weil die grössten Public Clouds nicht ausreichend GPUs haben, um die aktuelle Nachfrage zu decken. Darum ist es noch wichtiger geworden, seine eigenen Daten zu haben und zu verwalten, damit man die benötigte Rechenleistung dort findet, wo man sie braucht. Die Nachfrage nach Speicherplatz wird weiter stark zunehmen. Unternehmen werden nach effektiven, effizienten und verantwortungsvollen Möglichkeiten zur Datenspeicherung suchen, um den grösstmöglichen Nutzen daraus ziehen und gleichzeitig die Einhaltung der immer strengeren Vorschriften sicherstellen zu können.»

Rebecca Weekly, VP of Infrastructure Engineering bei Cloudflare
«Mit dem zunehmenden Einsatz von KI werden die Probleme in der Supply Chain unüberwindbar werden – im Vergleich dazu wird die globale Supply-Chain-Krise im Jahr 2021 harmlos erscheinen.»

Grammarly: KI und der Arbeitsplatz

Das US-Softwareunternehmen Grammarly betreibt einen KI-basierten Schreibassistenten, der Menschen dabei helfen soll, effizienter auf Englisch zu kommunizieren. In seinen Prognosen für 2024 konzentriert es sich auf die Auswirkungen der KI auf den Arbeitsplatz. Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Einschätzung, dass der KI-Hype zum Alltag geworden ist und somit die Herausforderungen in den Vordergrund rücken. Dazu gehört für Grammarly vor allem der Bedarf an strategischen Entscheidungen, die den ROI von Investitionen in die KI-Tools maximieren und die Sicherheitsrisiken minimieren.

Als prägend für Unternehmen und Gesellschaft in 2024 sieht Grammarly folgende Entwicklungen an:

• Der ausufernde, unkoordinierte Einsatz generativ KI bewirkt eine «grosse KI-Abrechnung»

• Die nächste Phase der KI wird «Personalisierung» sein

• KI wird über die Gleichberechtigung am Arbeitsplatz entscheiden

• Der abflauende KI-Hype wird einem Rennen um Wirkung und ROI weichen

• Die Risiken der generativen KI werden zum Albtraum – wenn falsch sie gehandhabt werden

• KI wird eine gewaltige Informationslawine auslösen – und bewältigen

• KI wird die sinkende Mitarbeiterbindung allmählich umkehren

Stutzig machen an diesen Prognosen gleich der erste Punkt, die «grosse KI-Abrechnung». Damit spielt Grammarly auf die negativen Folgen der oft willkürlichen Einführung generativer KI in Unternehmen an. In einer Studie des Management-Software-Anbieters UKG hätten fast acht von 10 C-Level-Führungskräften angegeben, dass ihr Unternehmen zwar KI verwende, aber die meisten Arbeitnehmer nicht wüssten, wie genau sie eingesetzt werde. Gleichzeitig brächten viele Angestellte ihre eigenen bevorzugten KI-Tools zur Arbeit mit, insbesondere wenn ihre Arbeitgeber generative KI noch nicht im Unternehmen eingeführt habe. Grammarly warnt deshalb: «All diese Entwicklungen werden sich 2024 zuspitzen und Unternehmen dazu zwingen, ihre Ansätze sowie Tools aufeinander abzustimmen. Diejenigen, die von Anfang an eine koordinierte Strategie entwickelt haben, werden einen grossen Vorsprung haben – während diejenigen, die es versäumt haben, ihre Mitarbeiter aufeinander abzustimmen, auf ein kostspieliges Chaos zusteuern, das sie monatelang entwirren werden müssen.»

Matt Rosenberg, Chief Revenue Officer, Grammarly
«Sobald der Boom nachlässt, werden Führungskräfte versuchen, sowohl einen strategischen Vorteil als auch einen ROI aus KI zu erzielen.»

Für Grammarly besteht kaum ein Zweifel daran, dass der Hype um KI wird im nächsten Jahr abklingt. Ein Jahr nach der allgemeinen Zugänglichkeit von generativer KI und angesichts anhaltender wirtschaftlicher Unsicherheit würden Führungskräfte zwar ihre KI-Investitionen erhöhen, stünden zugleich aber unter dem Druck, zu beweisen, dass dahinter mehr als nur ein Hype steckt. «Wenn 2023 im Zeichen der Akzeptanz stand, wird 2024 das Jahr der Optimierung sein: Sobald der Boom nachlässt, werden Führungskräfte versuchen, sowohl einen strategischen Vorteil als auch einen ROI aus KI zu erzielen», sagt Grammarlys Chief Revenue Officer Matt Rosenberg. Die zunehmende Prüfung von Investitionen werde die glänzenden Gimmicks von den langlebigen Werkzeugen trennen. Die Unternehmen würden sich von allen Lösungen trennen, die keine messbaren Erfolge vorweisen könnten.

Zwiespältig sieht Grammarly die Risiken der generativen KI. Hier sorgt sich das Software-Haus darum, dass bislang die falschen Gefahren im Mittelpunkt stehen. Viele der heute am meisten diskutierten Risiken der generativen KI, wie Angriffe durch Datenlecks und die Gefährdung geistigen Eigentums, würden überbewertet. Stattdessen müssten die Verantwortlichen damit rechnen, dass andere ernsthafte Bedrohungen sie in Atem halten: Sicherheitsschwachstellen in grossen Sprachmodellen (LLMs), Datenschutz- und Urheberrechtsfragen, Risiken bei der Verwendung unausgereifter LLM-Drittanbieter sowie die Qualität und Genauigkeit der erzeugten Ergebnisse. «Es ist zu erwarten, dass diese Risiken die Schlagzeilen beherrschen werden. Als Reaktion darauf werden Unternehmen ihre internen Sicherheitsteams verstärken und ihre Mitarbeiter als zweite Verteidigungslinie ausrüsten», so Suha Can, Chief Information Security Officer von Grammarly.
Suha Can, Chief Information Security Officer, Grammarly
«Viele der heute am meisten diskutierten Risiken der generativen KI, wie Angriffe durch Datenlecks und die Gefährdung geistigen Eigentums, werden überbewertet.»

For Real?!: Fünf KI-Trends 204

Auch die FOR REAL?! Media, die sich als Emerging Tech Beratung bezeichnet, geht bei ihrem Ausblick auf das Jahr 2024 von den immer grösser werdenden Sprüngen bei KI-Anwendungen aus. Dabei denkt die Beratung vor allem an die Text- und Bildgenerierung, mit der die KI-Tools mittlerweile ganze Welten für Videospiele und Metaversen schaffen können, sowie an das breite Feld der personalisierten KI-Bots.

Vor diesem Hintergrund gilt es For Real?! zufolge 2024 auf folgende fünf KI-Trends besonders zu achten:

• Augmented Intelligence

• Multimodalität

• Regulierungen

• Content Production

• Interkonnektivität

Simon Graff, Founder und CEO von FOR REAL?! erklärt dazu: «Ähnlich wie die Sprachausgabe der ChatGPT-App werden Smart Assitants dem User bald das Gefühl vermitteln an einem richtigen Dialog teilzunehmen». Er fordert aber auch: «Wir müssen uns ein Bewusstsein dafür schaffen, dass wir es noch lange nicht mit intelligenten Programmen zu tun haben, sondern mit Tools, die menschliches Wissen nutzen und erweitern». Graff kann auch der umstrittenen KI-Regulierung durch die EU etwas Positives abgewinnen: «Der AI Act der EU greift einen wichtigen Punkt auf, denn im gesamtgesellschaftlichen Kontext sind KI-Anwendungen nicht nur Tools, sondern haben einen disruptiven Charakter und nehmen bereits heute massiven Einfluss auf die Arbeits-, und Lernwelt,» so Graff.

Simon Graff, Founder und CEO der FOR REAL?!
«Wir müssen uns ein Bewusstsein dafür schaffen, dass wir es noch lange nicht mit intelligenten Programmen zu tun haben, sondern mit Tools, die menschliches Wissen nutzen und erweitern».

Personal Assitants, wie NOVA von FOR REAL?!, werden in 2024 eine grosse Rolle spielen (Bild: Simon Graff / Midjourney).

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Johann Scheuerer

Leitender Redakteur

Johann Scheuerer ist Leitender Redakteur respektive Redaktor der Schwesterzeitschriften com! professional (Deutschland) und Computerworld (Schweiz). Er beschäftigt sich seit den Anfängen des Internets mit allen Aspekten der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft.